Roberto Di Bella ■
‚Das wild gefleckte Panorama eines anderen Traums‘
Rolf Dieter Brinkmanns spätes Romanprojekt ■
„Dränge danach, jeden Gedanken, jede Erfahrung, jeden körperlichen Zustand in den vergangenen drei Jahren aufzuschreiben. Das nenne ich meinen Roman. Ich muss unbedingt aus meinen Erfahrungen ein Gesetz herausfinden.“ ■
(Rolf Dieter Brinkmann, Köln 1973,
aus einem Brief an Henning John von Freyend)
■ 672 Seiten, 61 s/w Abb. ■ D: 68,00 € ■ AU: 70,00 € ■ CH: 87,00 sFr
Königshausen & Neumann, Würzburg 2015
( = Studien zur Kulturpoetik; Band 18.
Hrsg. von Torsten Hahn, Erich Kleinschmidt und Nicolas Pethes)
ISBN 978-3-8260-5084-8
kartoniert mit Fadenheftung
Gedruckt mit Unterstützung der Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften.
Die Studie wurde 2011 als Dissertation an Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln eingereicht. Sie wurde für den Druck stilistisch überarbeitet und um einen umfangreichen Materialanhang ergänzt. Den Umschlag gestaltete Markus Heinlein, unter Verwendung einer Textseite aus Schnitte (© Rowohlt 1988) und eines Brinkmann-Porträts von © Henning John von Freyend von 1983. Hier gibt es weitere Informationen zu diesem Gemälde sowie eine vollständige Ansicht.
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Inhalt der Studie
Die Studie beschreibt das scheinbar ausufernde Werk der letzten Jahre von Rolf Dieter Brinkmann (1940-1975) erstmals als zusammenhängendes Schreibprojekt. Unter dem Einfluss von Autoren wie Karl Philipp Moritz, Arthur Rimbaud, Hans Henny Jahnn oder William S. Burroughs arbeitet Brinkmann bis zuletzt an der Idee eines zweiten Romans, von ihm selbst zugleich als „fiktive Autobiographie“, „Roman meiner Generation“ und „Grundlagenforschung der Gegenwart“ entworfen.
„Der destruktive Charakter sieht nichts Dauerndes…
Die exemplarischen Deutungen zur Text-Bild-Montage Schnitte (1973, posthum 1988 veröffentlicht) und zum Gedichtband Westwärts 1&2 (1975) stellen diese Zusammenhänge durch Einzelinterpretationen und Rückblicke auf die schriftstellerische Entwicklung des früh verstorbenen Autors dar. Hierbei wird der lyrische Charakter der Montage ebenso deutlich wie der ‘epische’ Bauplan der Lyriksammlung herausgearbeitet wird.
… Aber eben darum sieht er überall Wege.“
Mit ihrer offenen Textualität werden diese beiden so unterschiedlichen und doch vielfach motivisch und textgenetisch verbundenen Arbeiten hierbei als der „pré-roman“ (Roland Barthes) eines noch zu entwerfenden Text(t)raums lesbar gemacht. So schrieb bereits Walter Benjamin 1931: „Der destruktive Charakter sieht nichts Dauerndes. Aber eben darum sieht er überall Wege. […] Das Bestehende legt er in Trümmer, nicht um der Trümmer, sondern um des Weges willen, der sich durch sie hindurchzieht.“
Neue Quellen und unveröffentlichte Dokumente
Die Studie greift dabei auch auf unveröffentlichte Briefe des Autors zurück. Ein umfangreicher Materialanhang zu Schnitte dokumentiert zudem bislang nicht berücksichtigte Pressequellen und literarische Bezüge Brinkmanns und ermöglicht so einen völlig neuen Zugang zu diesem wichtigen Spätwerk.
Stimmen zum Buch
„671 großformatige Seiten, die in die Tiefe durch doppelte Böden bohren […]. Dieses gleichsam ›nichts verschweigende‹ Buch ist eine von stupendem Kenntnisreichtum, von feinsinniger Interpretationskunst getragene ›Revision‹ von Brinkmanns verändertem Umgang mit dem Material der Pop(ulär)-Kultur nach 1970.“
Theo Breuer, Poetenladen (14. April 2015)
„Beeindruckend ist die fulminante Materialsammlung zu Schnitte, die auch neue Funde aus italienischen Zeitungen nachweist und minutiöse Interpretationen zu einzelnen Collageseiten bietet. Zahlreiche kluge Beobachtungen zur Risstechnik, zu Praktiken der graphischen Buchgestaltung sind in die Interpretationen von Roberto i Bella eingeflochten. Sehr nützlich sind der Anhang mit den im Werk verstreuten Äußerungen B.s zum Romanprojekt, das Verz. ungedruckter Materialien, besonders aus dem Besitz des Malerfreundes Henning John von Freyend, sowie detaillierte Register.“
Markus Fauser, Germanistik (Band 56), 2015, Heft 3-4, S. 830.
„Als Wunderkind der Retromanie greift Roberto Di Bella in seiner Studie auch auf unveröffentlichte Briefe des Autors [an Henning John von Freyend] zurück. Ein umfangreicher Materialanhang zu Schnitte dokumentiert zudem bislang nicht berücksichtigte Pressequellen sowie unbekannte literarische Bezüge Brinkmanns und ermöglicht so einen völlig neuen Zugang zu diesem Spätwerk. Der historische Zusammenhang bestimmt die Atmosphäre, aber über den Retromoment hinaus entstand eine eindringliche, stechend suggestive Reflexion über die Dissonanzen von Politik und Geschichte, die unterschwellige verstimmte Erzählstränge im Bewusstsein der Leser triggern. Rückwärtsgewandt liest es sich so, als wolle Brinkmann gegen die Endlichkeit des eigenen Daseins anschreiben.“
Matthias Hagedorn, KUNO – Kulturnotizen zu Kunst, Musik und Poesie (
Stimmen zum Blog
„Der Blog ist Zeugnis der intensiven Beschäftigung Roberto Di Bellas mit Brinkmann, über den er seine Doktorarbeit schrieb […]. Eine Visitenkarte zur Dissertation gleichsam, die der Literaturwissenschaftler kontinuierlich zu einem eigenständigen Werk ausbaute, wie man sich überzeugen darf: „Wildgefleckt“ ist ein reizvoll verwinkelter Brinkmann-Kosmos, in dem man sich auf anregende Weise verlieren kann, zwischen den Texten der Gastautoren ebenso wie in den kenntnisreichen Einordnungen Di Bellas.“
Frank Olbert, Kölner Stadtanzeiger (2. Mai 2020) → den ganzen Artikel lesen (online oder als PDF)